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Dr. Patricia Nacimiento

ist Partnerin bei Herbert Smith Freehills in Frankfurt a.M. und leitet die deutsche Praxisgruppe Dispute Resolution sowie das EMEA-Team für International Arbitration.

Unter Geldwäsche versteht man einen Vorgang, der darauf angelegt ist, die Spuren der unrechtmäßigen Herkunft von Straftaterlösen zu verschleiern, um so unerlaubt erlangte Vermögenswerte als scheinbar legales Vermögen in den regulären Wirtschafts- und Finanzkreislauf einzuführen. Geldwäsche wird allgemein als ein dreistufiger Prozess angesehen, in dem durch kriminelle Aktivitäten erlangte Gelder zunächst durch Einzahlung auf ein Bankkonto in das Finanzsystem geleitet werden (placement stage). Die Gelder werden sodann von ihrer Quelle distanziert, was regelmäßig durch eine Reihe von Transaktionen oder durch Umwandlung in andere Vermögenswerte erreicht wird (layering stage), und schließlich über Investitionen in den regulären Wirtschaftsprozess integriert (integration stage). In internationalen Schiedsverfahren erlangt vor allem die zweite Stufe – das sog. layering – Bedeutung für die Möglichkeit des Missbrauchs der Schiedsgerichtsbarkeit zu Geldwäschezwecken. Die nachstehenden Beispiele verdeutlichen, wie bemakelte Gelder und Vermögenswerte zum Gegenstand von Schiedsverfahren und eines scheinbar legitimen Schiedsspruchs werden können.

Formen von Geldwäsche und Schiedsverfahren

Vor allem im Bereich der Handelsschiedsgerichtsbarkeit kann es zur einvernehmlichen Durchführung eines „simulierten“ Schiedsverfahrens kommen (sham arbitration). Die Parteien täuschen einen Rechtsstreit vor, um einen Schiedsspruch oder Vergleich zu erhalten, der auf nationaler Ebene vollstreckt werden kann. Die scheinbar unterliegende Partei zahlt mit aus kriminellen Vortaten stammenden Geldern, um so die Herkunft der Vermögenswerte zu verschleiern. Praktisch relevanter dürften Erscheinungsformen sein, in denen sich die Parteien in einem echten Rechtsstreit befinden, bei dem es um Vermögenswerte geht, die aus Straftaten stammen. Die ein Schiedsverfahren einleitende Partei könnte etwa versuchen, eine mit bemakeltem Mitteln erworbene Forderung im Wege der Schiedsgerichtsbarkeit geltend zu machen. Wird der Anspruch vom Schiedsgericht bejaht, erhält der Kläger einen Schiedsspruch, mit dessen Vollstreckung er einen „sauberen“ Gegenwert für die mit illegalen Geldern erworbene Forderung erhält. Geldwäsche in Schiedsverfahren kann ein breites Spektrum scheinbar legitimer Verträge umfassen. Missbrauchskonstellationen im Bereich von Import und Export erscheinen nicht ungewöhnlich. Zu denken wäre an den Ankauf von Waren aus dem Ausland mit bemakeltem Geld zu deutlich über dem Marktwert liegenden Preisen. Nach dem Erwerb der Ware wird diese zum Marktpreis im Inland weiterveräußert. Der diesem Vorgang zugrundliegende Handelsvertrag wird Gegenstand eines Schiedsverfahrens mit Geldwäschebezug. Auch im Bereich der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit sind Beispiele denkbar. Ein Investor erwirbt Anteile eines Unternehmens im Ausland, um dort ein Projekt zu betreiben. Die Investition wird mit Geldern finanziert, die aus kriminellen Aktivitäten stammen – das Projekt scheitert und könnte dann zum Gegenstand eines Investitionsschiedsverfahrens werden. Die Gefahr eines Missbrauchs der Schiedsgerichtsbarkeit steigt, je internationaler die Fallkonstellation ist. Die Erfahrung zeigt, dass die lokalen Behörden nicht oder nicht schnell genug tätig werden können.

Erkennen und Folgen von Geldwäschekonstellationen

Schiedsgerichte müssen sich des Risikos bewusst sein, dass Schiedsverfahren für illegale Zwecke missbraucht werden können. Um Geldwäsche zu erkennen, können Schiedsrichter auf Definitionen in internationalen Abkommen zurückgreifen. Artikel 23 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption definiert Geldwäsche als das Umwandeln oder Übertragen von Vermögensgegenständen in der Kenntnis, dass es sich um Erträge aus Straftaten handelt, zu dem Zweck, den unerlaubten Ursprung der Vermögensgegenstände zu verbergen oder zu verschleiern. Umfasst werden ferner das Verbergen oder Verschleiern des Ursprungs oder der Bewegungen von Vermögensgegenständen, der Verfügung darüber oder des Eigentums oder der Rechte daran in der Kenntnis, dass es sich um Straftaterlöse handelt. Geldwäsche erfordert immer eine Vortat, aus der ein illegaler Vermögenswert herrührt. Häufig wird die Vortat im Ausland begangen. Als Warnsignale (red flags) für ein von beiden Parteien simuliertes Schiedsverfahren gelten insbesondere ein einseitiges Verfahren, eine fernbleibende Beklagtenpartei, ein Beklagter, der am Verfahren teilnimmt, die Haftung dem Grunde nach anerkennt oder vorzeitig einem Vergleich zustimmt, ein Mangel an (authentischer) Dokumentation zum Hintergrund des Rechtsstreits oder eine mangelnde Geschäftstätigkeit der am Schiedsverfahren beteiligten Unternehmen. Echte Streitfälle mit Geldwäschebezug zeichnen sich häufig durch komplexe oder unlogische Geschäftsstrukturen sowie durch nichtidentifizierte wirtschaftliche Eigentümer von Konten und Gesellschaften aus. Das Vorkommen von Offshore-Unternehmen und Strohfirmen, Bezüge zu politisch exponierten Personen (PEPs), Vermögenswerte aus Ländern mit hohem Kriminalitäts- und Korruptionsrisiko sowie ungewöhnliche Transaktionen, wie erhebliche Barzahlungen, gelten zudem als weitere Warnsignale. Die Feststellung eines zu Geldwäschezwecken missbrauchten Schiedsverfahrens hat weitreichende Folgen. Decken Schiedsgerichte Geldwäsche in einem Verfahren auf, verneinen sie ihre Zuständigkeit, sprechen dem Rechtsstreit die Schiedsfähigkeit ab oder erklären Ansprüche für unzulässig. Dies folgt nicht zuletzt daraus, dass Schiedsgerichte vollstreckungsfähige Schiedssprüche erlassen müssen. Nach dem New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche kann die Vollstreckung eines Schiedsspruches versagt werden, wenn diese der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsstaates widerspricht. Die weltweite Kriminalisierung und Bekämpfung von Geldwäsche lassen kaum Zweifel daran, dass das Geldwäscheverbot zum (internationalen) Ordre Public gehört.

Die Rolle von Anwälten beim Thema Schiedsverfahren und Geldwäsche

Am 30.05.2018 wurde die Richtlinie (EU) 2018/843 verabschiedet. Damit handelt es sich um die mittlerweile 5. EU-Richtlinie, die sich mit dem Thema der Geldwäsche auf europäischer Ebene beschäftigt. Bereits durch die Richtlinie (EU) 2015/849 vom 20.05.2015 wurden Anwälte als Verpflichtete aufgeführt. Bei Mitwirkung an der Planung oder Durchführung bestimmter Kataloggeschäfte unterliegen sie einer Meldepflicht, wenn sie Kenntnis davon erhalten oder den Verdacht oder berechtigten Grund zu der Annahme haben, dass Gelder aus kriminellen Tätigkeiten stammen. Laut Richtlinie sehen die EU-Mitgliedstaaten von einer Anwendung der Verpflichtung nur bei solchen Informationen ab, die Anwälte von einem Mandanten erhalten oder in Bezug auf diesen erlangen, wenn sie für ihn die Rechtslage beurteilen oder ihn in oder im Zusammenhang mit einem Gerichtsverfahren vertreten, wozu auch eine Beratung über das Betreiben oder Vermeiden eines solchen Verfahrens zählt. Unerheblich ist, ob die Informationen vor, bei oder nach einem Verfahren empfangen oder erlangt werden. Anwälte sind zudem dazu angehalten, kanzleiinterne, der Anwendung der EU-Richtlinien und entsprechenden Umsetzungsgesetzen dienenden, Anti-Geldwäschemaßnahmen einzuhalten.

Fazit

Geldwäsche ist auch ein Thema im Zusammenhang mit Schiedsverfahren, insbesondere bei solchen mit grenzüberschreitendem Bezug und unter Beteiligung mehrerer Jurisdiktionen. Oft fehlt es an geeigneten Kontrollmechanismen, klaren Kompetenzzuweisungen oder einfach am Interesse, aktiv zu werden. Zur Wahrung der Integrität der Schiedsgerichtsbarkeit bedarf es einer stärkeren Auseinandersetzung mit dem Thema – sowohl seitens der Schiedsgerichte, die oft zu passiv sind, als auch seitens der Parteivertreter, Schiedsinstitutionen, Gerichte am Sitz des Schiedsverfahrens, Vollstreckungsgerichte und Behörden.

 

Der Beitrag ist im ICC-Germany-Magazin, Nr. 10, erschienen. Mehr über unser Magazin erfahren und kostenfrei abonnieren.

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