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Ulrike Gantenberg

Ulrike Gantenberg ist im Bereich Dispute Resolution, insbesondere in der (inter-)nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, tätig. Sie wird regelmäßig als Schiedsrichterin bestellt und berät Parteien in komplexen Verfahren. Zwei ihrer Schwerpunkte sind Streitigkeiten im Anlagenbau und mit M&A-Bezug. Viele Jahre war sie in M&A und Gesellschaftsrecht tätig. www.gantenberg.legal

Höhepunkt eines Schiedsverfahren ist für Parteien, ihre Verfahrensbevollmächtigten und das Schiedsgericht die meist mehrtätige, wenn nicht sogar mehrwöchige, mündliche Verhandlung, das sogenannte Hearing. An einem neutralen Ort, in internationalen Verfahren gern auch in einem Drittstaat, treffen sich die Parteien, ihre Rechtsanwälte und das Schiedsgericht mit einer Vielzahl von Zeugen und Sachverständigen, Assistenten, Übersetzern und Court Reportern in Konferenzräumen von Hotels, Institutionen oder Kanzleien. Es wird plädiert, debattiert,  gestritten, nach Lösungen oder Verständnis gesucht, und besonders gern Zeugen und Sachverständige dem (Kreuz-)Verhör unterzogen. Manchmal eröffnet diese intensive Kohabitation der Parteien in den Hearing-Räumlichkeiten auch – z.B. Dank des kurzen Kontakts der Vorstände vor der Kaffeemaschine – neue Lösungen für den Rechtsstreit.  Doch wie soll ein solches Ereignis zu Pandemie-Zeiten möglich sein? Nationalitäten und Anreisende aus unterschiedlichsten Ländern lassen sich derzeit kaum an einem Ort in geschlossenen Räumen quarantänefrei unter Einhaltung von Abstandsregeln verlässlich versammeln.

Kein Hearing = kein Schiedsspruch? Ist das Warten auf einen Impfstoff als Allheilmittel und kann erst dann wieder international mündlich verhandelt werden? Sicherlich nicht! Absagen von Hearings und das Abwarten der weiteren Entwicklung ist insbesondere in Anbetracht der zeitlichen Perspektivlosigkeit keine Alternative. Die Parteien haben Anspruch auf Rechtsgewähr, auf Durchführung ihres Verfahrens. Genau dieses Recht und die korrespondierende Pflicht des Schiedsgerichts, das Verfahren zügig zu führen und den Rechtsstreit zu bescheiden, stellt Althergebrachtes auf den Kopf. Dies gilt insbesondere für Verfahren, die vor der Pandemie eingeleitet wurden, und in denen Parteien und Schiedsgericht im „alten Trott“ Effizienzmaßnahmen nicht optimierend eingesetzt hatten. Was passiert mit den internationalen Schiedsverfahren, in denen Schriftsatz-Bundles mehrere Umzugskisten füllen und die geplanten fünf bis sieben Hearing-Tage in einer (nicht-)europäischen Hauptstadt mit beispielsweise 25 Zeugen und sechs Sachverständigen schon in „alten“ Zeiten kaum sinnvoll zu gestalten schien?

Anders denken ist erforderlich! Wurden im Frühjahr 2020 teils Hearings in Anbetracht des Shutdowns überstürzt abgesagt, so entwickelt sich nun eine Kultur und Erfahrung, mündliche Verhandlungen anders zu gestalten und virtuell durchzuführen. Die Schiedsinstitutionen reagierten im Frühjahr 2020 in einer gemeinsamen Stellungnahme[1] schnell auf die neuen Umstände und forderten Parteien und Schiedsgerichte auf, die Fortführung von Verfahren und die Durchführung der Hearings konstruktiv zu erörtern, neue Wege zu beschreiten und die Auswirkungen der Pandemie auf die Verfahren zu reduzieren. Bereits am 9. April 2020 veröffentliche die ICC eine umfangreiche Übersicht mit Handlungsempfehlungen zur effizienten Verfahrensgestaltung in der Pandemie und zur Durchführung von virtuellen Hearings[2]. Zudem hielten eine Vielzahl der Institutionen im Frühjahr Videokonferenzen ab, um den Austausch der Schiedsrechtler über ihre Erfahrungen mit virtuellen Hearings zu fördern. Kanzleien und Institutionen veröffentlichten mittlerweile umfangreiche Checklisten, Aufsätze und Protokolle, die den Gedankenaustausch fördern und inspirieren sollen.[3]

Die Diskussion betrifft das „Ob“ der Durchführung eines virtuellen Hearings und im Bejahungsfall das „Wie“. Fundamentaler Kerngedanke des Schiedsverfahrens ist die Parteidisposition. Besteht Einigkeit zwischen den Parteien die mündliche Verhandlung virtuell durchzuführen, so ist dies für das Schiedsgericht zunächst bindend. Weigert sich eine Partei strikt, virtuell zu verhandeln, so muss das Schiedsgericht entscheiden. Manch beklagte Partei nutzt die Pandemie mit akademisch wohlklingenden Argumenten, um das Verfahren zu verzögern und lehnt eine virtuelle Verhandlung ab. Das Schiedsgericht muss dann unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalls entscheiden, ob es gegen den Willen einer Partei den Rechtsstreit virtuell verhandelt und den Schiedsspruch möglicherweise allein aufgrund der virtuellen Verhandlung angreifbar macht. Die von den Parteien vereinbarten institutionellen Schiedsregeln und das Recht am Schiedsort sind zu berücksichtigen. Sie geben aber oft keine verlässliche Aussage zu den Voraussetzungen, unter denen ein Hearing virtuell zulässig ist. Und selbst wenn, so bleibt die Durchführung eines virtuellen Hearings mit einer obstruktiv handelnden Partei (die z. B. regelmäßig wegen (angeblich) technischen Problemen nicht virtuell anwesend sein wird) eine tatsächliche Herausforderung für die Verfahrensbeteiligten.

Bedenken gegen virtuelle Hearings bestehen oft nicht nur in befürchteten IT-technischen Unzulänglichkeiten, sondern in der Sorge, den gegnerischen Sachverständigen oder Zeugen nicht ausreichend „kontrollieren“ zu können. Es könne bei virtueller Befragung nicht verhindert werden, dass ein Zeuge tatsächlich einen Souffleur, Teleprompter oder sonstige Hilfsmittel für die Aussage nutzt, die bei einer persönlichen Vernehmung nicht zur Verfügung stünden – und keiner würde diese unzulässige Unterstützung bemerken und verhindern können. Auch seien der Eindruck der Befragten und deren Aussage für die Bewertung der Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit virtuell kaum zuverlässig und nachvollziehbar. Allein der so wichtige Augenkontakt falle in einem virtuellen Hearing aus. Auch sei keine Kommunikation zwischen den verschiedenen Teilnehmern einer Partei ausgeschlossen, wenn die Teilnehmer sich individuell in eine Videokonferenz einloggen, was eine ordnungsgemäße Parteivertretung verhindern soll. Auch wird oft die Sicht geäußert, in technisch komplexen Sachverhalten sei eine Tatsachenaufklärung unmöglich. Diese und viele weitere durchaus berechtigte Themen sind zu lösen, wenn das Schiedsgericht mit den Parteien die Frage des „Wie“ des virtuellen Hearings erörtert.

Jedes Schiedsverfahren ist aufgrund des zugrundeliegenden Sachverhalts, der beteiligten Nationalitäten, des anwendbaren Rechts und der vorherrschenden Interessen einzigartig, so dass es keine „one size fits all“-Lösung für das „Wie“ der Durchführung des virtuellen Hearings gibt. Der Einzelfall ist zu klären. Der “one-size fits all“-Ansatz liegt aber unbedingt in einer klaren Kommunikation. Das Schiedsgericht hat es in der Hand, durch klare Kommunikation Bedenken zu erfahren und zu lösen; das Verfahren zu lenken und gemeinsam mit den Parteien das Steuer zum „einfach mal anders denken“ einzuschlagen. Hierzu wird das Schiedsgericht – vielleicht auch wiederholt – mit den Parteien im Vorfeld kommunizieren müssen, in Telefon- oder Videokonferenzen, um zuzuhören. Entscheidend ist zu verstehen, was ist wirklich der Einwand der Partei und wie kann dem begegnet werden. Derartige Gespräche setzen ein aufgeschlossenes Schiedsgericht voraus, das den Sachverhalt nachhaltig kennt und zur Struktur des Verfahrens Vorschläge machen kann.

Gut strukturieren heißt gut verhandeln

Es macht wenig Sinn, ein als mehrwöchiges, physisches Hearing virtuell identisch abzuhalten und sich lediglich auf eine Plattform[4] zu einigen, bei der der Vorsitzende die Hoheit über den ‘Mute-Button‘ hat. Vielmehr ist das Hearing in einer virtuell tauglichen Fassung zu strukturieren. Zehnstündige Sitzungen sind als Videokonferenz nicht zu leisten. Zum einen werden gerade bei internationalen Verfahren je nach beteiligten Nationalitäten / Zeitzonen nur wenige Stunden als allseits zumutbare Schnittmenge für ein Hearing täglich zur Verfügung stehen. Zum anderen ist die Auffassungsgabe und Konzentrationsspanne der Teilnehmer bei virtuellen Veranstaltungen schlicht reduziert. Die Parteien werden glücklich sein, wenn sie netto vier Stunden Hearing am Tag zur Verfügung haben. Ein rigoroses Zeitmanagement mit stündlich wiederkehrenden kurzen Pausen beansprucht das Zeitkontingent im Übrigen zusätzlich. Eine derart reduzierte Verhandlungszeit bedingt die Anpassung der Struktur des Verhandlungsgegenstands. Vielleicht können weniger Zeugen befragt werden, dafür aber kürzer und zielorientierter. Vielleicht muss auch gar nicht jeder der zuvor benannten Zeugen gehört werden, wenn sich die Parteien in Anbetracht der virtuellen Herausforderungen kritisch mit dem bisherigen Vortrag und der Beweislast auseinandersetzen. Möglicherweise ist das Verfahren im Interesse der Effizienz in seiner Gesamtheit sinnvollerweise – auch in fortgeschrittenem Stadium – anders zu strukturieren. Bevor Sachverständige und Zeugen gehört werden, könnten einzelne Themen vorab entschieden werden. Oft erfordert die Entscheidung über Teilthemen keine Zeugenvernehmung, so dass auf ein Hearing ganz verzichtet werden kann oder nur rechtliche Argumente ausgetauscht werden. Hearings zu einzelnen Teilthemen mit grundsätzlicher Entscheidungsrelevanz können einer Lösung des gesamten Rechtsstreits beitragen; anstelle eines riesigen, kaum zumutbaren virtuellen Hearings im Ganzen. Der Kreativität scheinen kaum Grenzen gesetzt zu sein, wie man das Verfahren zur besseren Verdaulichkeit strukturiert. Die aktuelle Pandemie fordert – endlich – die effiziente Verfahrensführung ein. Bisher war dies ein Dauerthema in der Schiedsgerichtsbarkeit[5] mit teils nur geringer praktischer Umsetzung. Effizienz ist zu trennen  von dem unsinnigen blinden Aktionismus, virtuell aktiv sein zu wollen und zu müssen. Parteien und das Schiedsgericht brauchen ein gemeinsames Verständnis dessen, wie das Hearing und die Vernehmung der Zeugen verlässlich ablaufen.

Gute Vorbereitung

Findet ein virtuelles Hearing statt, so ist dies intensiv vorzubereiten. Zur Sicherstellung eines geordneten Ablaufs bedarf es der vorbehaltslosen Abklärung der technischen Umgebung und Möglichkeiten bei den Hearing-Teilnehmern. Was ist technisch vorhanden, was kann geleistet werden und welche Unterstützung ist bis zum Hearing und währenddessen möglich und zumutbar. Diese Analyse dürfte den Rahmen der Möglichkeiten aufzeigen, an den der Inhalt und die Struktur des Hearings anzupassen ist. Sodann bedarf es der Vorbereitung des Ablaufs und Verhaltens, der Vereinbarung klarer, die Parteien gleichbehandelnder und ein faires Verfahren sicherstellender Regeln. Die Erwartungen der Parteien sind im Vorfeld zu managen. Zum Ablauf und Verhalten der Teilnehmer (Etiquette: wer redet wann und wie und wie zeigt eine Partei an, dass sie etwas sagen möchte, wer und wann stellt den Ton ab, etc.) ist vorbereitend Klarheit zu erzielen. Auch sollten die Parteien die Erklärung abgeben, dass sie den Schiedsspruch wegen der bloßen Durchführung eines virtuellen Hearings nicht angreifen werden.

Eine Vielzahl von weiteren Themen sind im Vorfeld des Hearings zwischen Parteien und Schiedsgericht zu klären, wie z. B. die Feststellung der Präsenz: ab wann ist eine Partei „präsent“ (z. B. durch Einführung von „Hauptrednern“) und wie ist zu verfahren, wenn die Partei (wohl technisch bedingt) aus dem virtuellen Hearing „fliegt“. Nehmen Parteien mit einer Vielzahl von individuell eingewählten Anwälten an einem Hearing teil, kann das Schiedsgericht kaum zuverlässig die Präsenz der Anwälte überwachen („Sack Flöhe hüten“), gleichzeitig intensiv den Zeugen zuhören und am Verhandlungsgeschehen teilnehmen. Dabei ist das Verhandeln ohne Anwesenheit einer Partei ein Risiko für das rechtliche Gehör. Je nach technischer Ausgangslage „fliegt“ regelmäßig der eine oder andere Teilnehmer des Hearings aus der Videokonferenzleitung, ohne dass dies jedes Mal zu einer Unterbrechung des Hearings führen muss und (im Interesse der Durchführung des Hearings) darf.

Ebenso sind die Sicherheit des Plattformanbieters, der Datenschutz und die Vertraulichkeit (nimmt jemand das Hearing auf, wenn ja wer und wem gehören die Rechte, wie lange wird die Aufnahme (wo?) aufbewahrt; keine privaten heimlichen Aufnahmen etc.) sicherzustellen. Weitere Aspekte wie die (Nicht-)Zulassung von Mobiltelefonen im Hearing, Verantwortlichkeit für technisch-logistische Aspekte, die Integration von Übersetzung und Court Reporting, Präsenz und Einsatz von einem permanenten technischen Beistand bei den Teilnehmern vor Ort etc. sind zu klären. Es gibt unzählige Details, die vorzubereiten sind, wie z. B, dass Teilnehmer aus dem Homeoffice familienintern sicherstellen, während des Hearings über ausreichend Breitband zu verfügen, oder das Teilen des Bildschirms zum Vorzeigen von Dokumenten bei der Zeugenbefragung. Unkommentierte Hearing-Bundels sind an verschiedene Orte zu den Teilnehmern zu liefern und es ist zu klären, wie dies erfolgt und kontrolliert wird. Gleiches gilt für die Umsetzung einer „virtual sequestration“, der Isolierung von Zeugen bei Unterbrechung ihrer Aussage. Kurzum, es hilft, gedanklich gemeinsam einen Verfahrenstag mit allen möglichen Ereignissen durchzuspielen und sich zu überlegen, ob und wie dies virtuell abgebildet werden kann und muss.

In dem Interesse der ordnungsgemäßen Durchführung des Hearings ist es für Schiedsgericht und Parteien empfehlenswert, diverse Testläufe gemeinsam im Vorfeld des Hearings durchzuführen, und Unstimmigkeiten mit professioneller technischer Hilfe zu beheben.

Täuschen Zeugen virtuell anders?

Werden in einem Hearing Zeugen gehört, gilt es, sich insbesondere mit den Bedenken der Verfahrensteilnehmer auseinanderzusetzen. Lügen alle Zeugen vor der Kamera? Muss eine 360-Grad-Kamera-Überwachung oder eine zweite Kamera, die den Bereich hinter dem Bildschirm des Zeugen abbildet, genutzt werden, um Täuschungen bei den Aussagen der gegnerischen Zeugen zu verhindern? Ist der virtuelle Zeuge in Schiedsverfahren wirklich so kriminell, wie Parteien befürchten? Vielleicht reicht eine gute Belehrung durch das Schiedsgericht, das Zeigen des Raums mittels Computerkamera zu Beginn der Vernehmung und das Verbringen des Mobiltelefons und anderer Hilfsmittel außerhalb des Raums nach der Belehrung des Zeugen? Je nach Kameraeinstellung und verwendeter Technik mag das Gesicht des Zeugen sogar virtuell besser zu sehen und seine Körpersprache zu realisieren sein als in einem großen Hearing-Saal, wo der Zeuge regelmäßig auch nicht unmittelbar vor dem Schiedsgericht sitzt.

Vielleicht ist es sogar möglich hybrid zu verhandeln, d.h. nur ein Teil der Teilnehmer nimmt virtuell teil, andere in Gruppen physisch. Solange beide Parteien gleich behandelt werden, dürfte die hybride Teilnahme prozessual unbedenklich sein. Wenn die „Kron-Sachverständigen“ beider Parteien in einem gemeinsamen Raum mit Abstand sitzen und von dort aus virtuell vernommen werden, oder ein Zeuge aus den Räumlichkeiten der Gegenseite, dürfte dies Vertrauen schaffen in die Umstände der Vernehmung und unlautere Kommunikation/Beeinflussung durch die benennende Partei reduzieren. Auch die Parteivertreter und ihre Parteien könnten jeweils in einem Raum sitzen und gemeinsam per Video teilnehmen, oder das Schiedsgericht sitzt gemeinsam in einem Raum. Viele Schiedsinstitutionen bieten ihre Räumlichkeiten für virtuelle Hearings an. Diese sind technisch gut ausgestattet mit verlässlicher Internetanbindung, so dass von dort aus (vielleicht sogar noch mit einem Case-Handler als neutralem Zeugen) Verfahrensteilnehmer wie Zeugen oder Sachverständige teilnehmen könnten.

Die Kommunikation ist innerhalb einer Partei oder des Schiedsgerichts einfacher, wenn diese(s) gemeinsam in einem Raum (mit Abstand) sitzt. Ist dies nicht möglich, empfiehlt sich für die Teilnehmer mehrere Bildschirme/Computer zu nutzen: einen, auf dem die Verhandlung übertragen wird, (wenigstens) einen weiteren, auf dem die Gerichtsakte durchsucht und gelesen werden kann und ein dritter Computer, über den mit dem eigenen Team kommuniziert werden kann (um die zu Missgeschicken einladende Funktion des Chats „alle“ auf der Videokonferenz-Plattform zu vermeiden). Das Zustecken von Zetteln und Flüstern ins Ohr zur internen Kommunikation innerhalb eines Teams, traditionell gern praktiziert, ist bei virtuellen Hearings nach wie vor nicht möglich.

Die Möglichkeiten und Alternativen für die Zusammensetzung des Hearings, die Art der Videoaufnahmen und die Belehrung der Zeugen sind mit den Parteien im Vorfeld klar zu erörtern und Bedenken zu beheben, so dass die Parteien und das Schiedsgericht verlässlich das Hearing durchführen können.

Fazit

Das Vernehmen von Zeugen mittels Videokonferenz in Hearings ist in der Handelsschiedsgerichtsbarkeit nicht neu. Auch in der Vergangenheit wurden einzelne, meist reiseuntaugliche/-willige oder weniger relevante Zeugen über eine Videokonferenzschaltung befragt. Dies funktionierte mehr oder weniger gut. Allerdings saßen dann alle übrigen Verfahrensbeteiligten in einem Raum. In der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit wurden virtuelle Elemente stärker genutzt. Nun ist der Ablauf neu. Neues und Unbekanntes machen oft Angst und schüren Unsicherheit. Es ist die Aufgabe des Schiedsgerichts, durch klare und auch wiederholte Kommunikation mit den Parteien Vertrauen zu schaffen in die ordnungsgemäße (Fort)-Führung des Verfahrens bei Einsatz virtueller Hearings und Verfahrensabläufe aktiv effizient zu gestalten. Die letzten sechs Monate haben vielfach bewiesen, dass dies bei sorgfältiger Vorbereitung und anders denken wunderbar möglich ist. Nur für die unverhoffte Gelegenheit zu Vergleichsgesprächen zwischen den Parteien am Rande eines Hearings muss in der virtuellen Welt nun eine andere Gelegenheit gefunden werden.

[1] Covid-19 Joint Statement der AAA,  CRCICA; DIS, ICC; ICDR, ICSID, KCAB, LCIA, Milan Chamber of Arbitration, HKIAC, SCC, SIAC, VIAC, IFCAI, https://www.viac.eu/images/documents/Covid-19_Joint_Statement.pdf

[2] https://iccwbo.org/content/uploads/sites/3/2020/04/guidance-note-possible-measures-mitigating-effects-covid-19-english.pdf

[3] Eine umfangreiche Zusammenstellung der aktuellen Checklisten und Guidelines ist zusammengefasst auf der Webseite von DELOS: https://delosdr.org/index.php/2020/05/12/resources-on-virtual-hearings/

[4] Die Bandbreite der zur Verfügung stehenden Plattformen ist groß, mit unterschiedlichen technischen und finanziellen Voraussetzungen und Features, wie z.B. Skype, Teams, Webex, Zoom.

[5] Vgl hierzu auchdie Guidelines der ICC Commission on Arbitration:  http://gjpi.org/wp-content/uploads/icc-controlling-time-and-cost.pdf

 

Der Beitrag ist im ICC-Germany-Magazin, Nr. 11, erschienen. Mehr über unser Magazin erfahren und kostenfrei abonnieren

Bildnachweis: © Tania Bondar – istockphoto.com