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Katja Stockburger

Katja Stockburger ist Syndikusrechtsanwältin und Leiterin der zentralen Governance-Abteilung „Corporate Foreign Trade Legal and ICP Management“ bei der ZF Friedrichshafen AG, einem der weltweit größten Automobilzulieferer. Sie hat internationale Erfahrung in den USA, Südafrika, Großbritannien, Frankreich und Schweden gesammelt und berät den ZF-Konzern in internationalen Fragen des Außenwirtschaftsrechts. Sie ist Mitglied im DICO-Arbeitskreis Exportkontrolle.

Embargo- und Sanktionsklauseln im Wandel der Zeit

Sanktionen und Embargos sind Mittel der Außenpolitik, mit dem internationale Organisationen und Staaten restriktive Maßnahmen gegenüber einzelnen Staaten und bestimmten Personengruppen erlassen, um sie zu bestimmten Handlungen zu bewegen.[1] Noch vor rund 20 Jahren hätte es vermutlich keine Podiumsdiskussion zum vertraglichen Umgang mit Sanktionsrisiken bei der ICC in Deutschland gegeben, denn Embargo -und Sanktionsklauseln waren in der Regel allgemeine Vertragsklauseln zu Exportkontrolle und Genehmigungsverwaltung mit starkem Deutschlandfokus. Offenbar, so ist in Fachkreisen zu hören, hatten früher nur wenige große exportierende Unternehmen besondere Sanktionsklauseln in ihren Verträgen.

In der Zwischenzeit hat sich jedoch ein Wandel vollzogen: Wirtschafts- und Finanzsanktionen sind sehr komplex geworden und werden durch nationale und internationale Rechtsakte gesetzt, die sich zum Teil auch widersprechen. In der EU sind das Einfriergebot[2] und das Bereitstellungsverbot[3] die wohl wirkungsvollsten und wichtigsten Sanktionsinstrumente geworden (sogenannte „Targeted“ oder „Smart sanctions“)[4]. Dabei wird das Gebot bzw. Verbot immer bezüglich einer konkreten Liste ausgesprochen.[5] Teil der Sanktionsmaßnahmen sind dabei oft personen-, organisations- oder güterbezogene Sanktionslisten.[6] Als Konsequenz regeln heutzutage die verschiedensten Wirtschaftsakteure, das heißt Geschäftspartner, Banken und Versicherungen Sanktionsrisiken, da „targeted sanctions“ nahezu alle Wirtschaftsbereiche treffen können.

Herausforderungen in der Praxis

Die vertraglichen Herausforderungen, die sich durch Wirtschaftssanktionsklauseln stellen, sind vielfältig und reichen bei globalen Verträgen von Haftungsklauseln, Conflict of laws, Anti-Boykott-Regelungen, Force-Majeure- und Vorbehaltsklauseln bis hin zu weitreichenden Informationspflichten über die Klassifizierung der Güter. Das exportierende Unternehmen steht hier oft vor der Schwierigkeit der Definition des anwendbaren Rechts bis hin zu praktischen Fragen, inwiefern die zu exportierenden Güter (Technologie, Software bis hin zu Hardware) von Sanktionsklauseln betroffen sind.

Ferner werden sogenannte Compliance-Erklärungen in Bezug auf EU- und US-Sanktionen immer detaillierter und verpflichten exportierende Unternehmen weitreichend. Eine große Herausforderung sind dabei oft Sanktionsklauseln in globalen Verträgen mit extraterritorialer Wirkung. Denn aufgrund der Wirtschaftssanktionen in den vergangenen Jahren haben auch die Sanktionsklauseln, insbesondere mit US-Bezug, stark zugenommen.

Diese Zunahme an Sanktionsregelungen in Verträgen und Compliance-Erklärungen führt oft zu einer Art „Overcompliance“, die über das anwendbare Recht weit hinausgeht und Unternehmen in ihrem rechtlichen Gestaltungsspielraum stark einschränkt.

Lösungsansätze und Best Practices

Aufgrund des politischen Hintergrundes der Sanktionsklauseln ist grundsätzlich ein risikobasierter Ansatz zu empfehlen. Je nach Vertragskonstellation bietet es sich an, im Sanktionskontext anerkannte Standardklauseln zu benutzen, etwa im Embargokontext die ICC-Force-Majeure-Klausel. Denn oft können sich die Parteien auf internationale Standardklauseln eher einigen, als auf unternehmensintern entwickelte Klauseln. Grundsätzlich sind auch Schiedsgerichtsklauseln wie die ICC Standard Arbitration Clauses zu empfehlen, um im Streitfall ein zuständiges Gericht definiert zu haben.

Ferner gibt es im EU-Kontext sogenannte Vorbehaltsklauseln, die das Zustandekommen des Vertrages unter den Vorbehalt der behördlichen Genehmigung stellen. Denn einige EU-Embargorichtlinien verbieten neben bestimmten Liefer-, Beförderungs-, Dienstleistungs-, Finanzierungs- und Weitergabeverboten bereits den Verkauf gelisteter Güter[7], so dass das Sanktionsrisiko stark vorverlagert wird.

Eine Best Practice in Vertragsverhandlungen ist im Eskalationsfall auch die Kontaktaufnahme mit den für die Exportkontrolle zuständigen Ansprechpartnern des Vertragspartners – sofern möglich. Denn durch das Gespräch mit den Experten finden sich oft Vertragsklauseln, die auf das konkrete Geschäft passen. Ein Hinweis auf das eigene ICP – das interne Kontrollprogramm nach BAFA- und OFAC-Modell – schafft beim Vertragspartner eine professionelle Basis und Vertrauen für Vertragsverhandlungen.

Ein praktischer Lösungsansatz im Embargokontext, der vor allem durch Finanzsanktionen geprägt ist, ist ferner auch Vorauskasse – dies jedoch freilich weniger ein juristisches denn ein betriebswirtschaftliches Handwerkszeug.

Fazit: ICC-Standardklauseln geben Sicherheit

Im Embargo- und Sanktionskontext gibt es keine „One size fits all“-Lösung. Vielmehr ist hohe Expertise des Exportkontrollpersonals im Unternehmen erforderlich, um zunächst die Relevanz der Sanktionsklauseln im konkreten Fall anhand eines risikobasierten Ansatzes zu beurteilen und dann eine angemessene Rechtsgestaltung zu finden. Die ICC-Standardklauseln bieten jedoch eine gute Hilfestellung, um praxistaugliche Lösungen für die verschiedenen Vertragskonstellationen in der sich stetig wandelnden politischen Sanktionslage zu finden und geben Sicherheit.

[1] Vgl. Sachs, Sanktionen und Embargos der EU, in Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht S. 64 ff.

[2] Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen gelisteter Personen.

[3] Unmittelbare oder mittelbare Bereitstellung von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen (Vermögenswerte) an gelistete Personen.

[4] Vogt/Arend, Sanktionen und Embargos der EU, in Hocke/Sachs/Pelz „Außenwirtschaftsrecht“ S. 898.

[5] Vogt/Arend, Sanktionen und Embargos der EU, in Hocke/Sachs/Pelz „Außenwirtschaftsrecht“ S. 898.

[6] DICO-Sanktionslistenscreening in der Praxis, Leitfaden, S. 6.

[7] Bspw. Art 3a I VO (EU) 267/2012 (Iran); Art. 2 I VO (EU) 36/2012 (Syrien).

 

Der Beitrag ist im ICC-Germany-Magazin, Nr. 11, erschienen. Mehr über unser Magazin erfahren und kostenfrei abonnieren.

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