Allgemeines

Was sind Schiedsgerichte?

Schiedsgerichte sind private Gerichte, die einen Rechtsstreit unter Ausschluss der staatlichen Gerichte abschließend entscheiden. In Deutschland kennt man sie u.a. aus dem Sport oder bei politischen Parteien. Die ICC hat eine eigene Schiedsgerichtsbarkeit zur Beilegung internationaler Handelsstreitigkeiten.

Im Rahmen der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) stehen Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS)  in der Diskussion. Diese werden u.a. vor dem International Center for the Settlement of Investment Disputes (ICSID) geführt, das bei der Weltbank angesiedelt ist. Die Verständigung auf ISDS erfolgt zwischen zwei Ländern im Rahmen eines bilateralen Investitionsschutzvertrages.

Wie werde ich mit der ICC-Schiedsgerichtsbarkeit vertraut?

In Ergänzung zu den Informationen auf dieser Webseite bieten der Internationale Gerichtshof der ICC und ICC Germany regelmäßig Schulungen und Konferenzen zu verschiedenen Schiedsthemen an. Über den Webshop von ICC Germany können eine Vielzahl von Publikationen zur Schiedsgerichtsbarkeit abgerufen werden.

Grundsätzliches zur ICC-Schiedsgerichtsbarkeit

Ist die Schiedsgerichtsbarkeit der Internationalen Handelskammer (ICC) auf bestimmte Streitigkeiten beschränkt?

Nein, die ICC-Regeln für Schiedsgerichtsbarkeit können in allen Bereichen, Branchen und für alle Formen von Streitigkeiten eingesetzt werden.

Welche Gründe gibt es, die ICC-Schiedsgerichtsbarkeit zu wählen?

Der Internationale Schiedsgerichtshof der ICC, 1923 gegründet, ist die älteste und renommierteste Institution zur privatwirtschaftlichen Streitschlichtung. Keine andere Einrichtung ist weltweit so verbreitet. Die Mitglieder des Schiedsgerichtshofes kommen aus über 90 Ländern. Im Jahr 2015 wurde die ICC-Schiedsgerichtsbarkeit  bei einer Umfrage der Queen Mary Universität mit rd. 70 Prozent zur mit Abstand beliebtesten Schiedsinstitution gewählt.

Wie vertraulich ist die ICC-Schiedsgerichtsbarkeit?

Das Gericht respektiert die Privatsphäre der Konfliktparteien. Während in staatlichen Gerichtsverfahren Öffentlichkeit und Medien in der Regel zugelassen sind, gibt die ICC grundsätzlich keine Details eines Streitfalles bekannt und behandelt die Identität der jeweiligen Partei komplett vertraulich.
Informationen zum Verfahren und dem Schiedsspruch können nur mit Einverständnis beider Parteien veröffentlicht werden. Falls eine der Parteien dies nicht wünscht, können sich die Geschäftspartner bereits im Vorfeld eine Vertraulichkeitsvereinbarung abschließen.

Seit Anfang 2016 werden die Schiedsrichter von ICC-Schiedsverfahren auf der Webseite des Courts veröffentlicht.

Einleitung eines Schiedsverfahrens

Muss man Mitglied der ICC sein, um ein Streitbeilegungsverfahren nach den Regeln der ICC zu nutzen?

Nein, dies ist nicht notwendig.

Kann ich auch noch im Konfliktfall Bezug auf die ICC-Schiedsgerichtsbarkeit nehmen?

Idealerweise sollte bereits in den Vertragsverhandlungen eine Vereinbarung zur Schiedsklausel der ICC erfolgen, inklusive der Wahl des Schiedsorts, der Sprache oder des anzuwendenden Rechts. Wenn beide Seiten zustimmen, können sich die Parteien auch zu einem späteren Zeitpunkt auf die ICC-Schiedsgerichtsbarkeit einigen.

An wen muss ich mich wenden, wenn ich ein Schiedsverfahren einleiten möchte?

Ansprechpartner ist der Internationale Gerichtshof in Paris. Hier erfahren Sie alle notwendigen Schritte zur Einleitung eines Verfahrens. Zudem finden Sie hier eine Übersicht zu Kontaktpersonen. Das Team ICA3 ist deutschsprachig.

Gibt es eine Dokumentenvorlage für die Einleitung eines Schiedsverfahrens?

Nein, jede Partei kann den Antrag auf Einleitung eines Schiedsverfahrens in der ihr gewünschten Form stellen. Hinweise zu den Angaben, die das Schreiben enthalten sollte, finden Sie hier.

In welcher Sprache soll der Antrag auf Einleitung des Verfahrens erfolgen?

Die Sprache des Verfahrens wurde ggfls. in der Schiedsklausel des zugrunde liegenden Vertrags festgelegt. Wenn die Parteien sich nicht festgelegt haben oder es von dem anzuwendenden Recht nicht gefordert wird, können Anträge in jeder Sprache gestellt werden.

Schiedsgericht

Wer wählt den Schiedsrichter aus?

Schiedsverfahren werden üblicherweise durch einen Einzelschiedsrichter oder durch drei Schiedsrichter geführt. Haben die Parteien die Anzahl der Schiedsrichter nicht vereinbart, können sich die Parteien auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen oder der Gerichtshof ernennt einen Einzelschiedsrichter, sofern er nicht angesichts der Bedeutung der Streitigkeit die Ernennung von drei Schiedsrichtern für gerechtfertigt hält.

Bei drei Schiedsrichtern, kann jede Partei einen Schiedsrichter benennen; der dritte vorsitzende Schiedsrichter wird durch den Gerichtshof ernannt, es sei denn, die Parteien haben ein anderes Benennungsverfahren vorgesehen. In diesem Falle bedarf seine Benennung der Bestätigung gemäß Artikel 13 der ICC-Schiedsgerichtsordnung.

Schiedsrichter können nach Nationalität, Sprache und Expertise ausgewählt werden – es sollte jemand sein, der Ihre Kultur und Ihr Geschäft versteht. Der Internationale Gerichtshof der ICC prüft alle Schiedsrichter auf Unabhängigkeit und Verfügbarkeit. Falls die Parteien dies wünschen, kann der Gerichtshof das Schiedsgericht auch komplett besetzen. Dabei greift  der Gerichtshof auf das weltweite Netzwerk der Nationalkomitees – u.a. ICC Germany – und ihre Expertise und Kontakte zurück.
Bitte beachten Sie zu diesem Punkt auch die entsprechenden Vorgaben der ICC-Schiedsgerichtsordnung (Artikel 12 und 13).

Müssen die Schiedsrichter in einem ICC-Verfahren Anwälte sein?

Nein, es gibt keine Bestimmung innerhalb der ICC-Schiedsgerichtsordnung, die besagt, dass ein gewählter Co-Schiedsrichter, Schiedsrichter oder ein Vorsitzender eines Schiedsgerichtes Rechtsanwalt sein muss.

Wie kann ich Schiedsrichter in einem ICC-Verfahren werden?

Der Internationale Schiedsgerichtshof der ICC bittet ICC Germany regelmäßig, geeignete Schiedsrichter, Mediatoren oder Experten vorzuschlagen. ICC Germany bietet Interessenten die Möglichkeit, über ein Portal ihre besonderen Erfahrungen und Expertisen zu dokumentieren, damit sie in den Auswahlprozess einbezogen werden können. Voraussetzung dafür ist, dass die Personen die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder ihren Dienstort in Deutschland haben.

Ablauf eines Schiedsverfahrens

In welcher Sprache soll ein Schiedsverfahren durchgeführt werden?

ICC-Schiedsverfahren können in jeder beliebigen Sprache erfolgen. Die Parteien sollten sich bereits im ursprünglichen Vertrag auf eine Sprache verständigen. Erreichen die Parteien in dieser Frage keine Einigung, wird das Schiedsgericht die Sprache oder Sprachen des Verfahrens festlegen. Bitte beachten Sie auch Artikel 20 der Schiedsgerichtsordnung.

Welche Rechtsregeln werden in einem Schiedsverfahren angewendet?

Die beiden Parteien können sich auf das anzuwendende Recht im Vertrag selbst oder zu einem späteren Zeitpunkt verständigen. Denkbar ist es zum Beispiel, sich auf die Regeln des Landes einer der Vertragsparteien oder auch auf die neutralen Regeln eines Drittlandes zu einigen. Bitte beachten Sie hierzu Artikel 21 der Schiedsgerichtsordnung.

Wo wird ein ICC-Schiedsverfahren durchgeführt?

Ein ICC-Verfahren kann überall auf der Welt durchgeführt werden. Sowohl der Ort für das Schiedsgerichtsverfahren als auch für die Anhörung kann frei gewählt werden. Die jährliche Statistik des Gerichtshofes zeigt die Internationalität der ICC-Schiedsgerichtsverfahren.

Kann man das Verfahren beschleunigen?

Die „2012 ICC Rules of Arbitration” bieten mit dem „Antrag auf Anordnung von Eilmaßnahmen“ den Parteien die Möglichkeit, bei dringenden Sicherungsmaßnahmen oder vorläufige Maßnahmen auf einen Eilschiedsrichter (Artikel 29) zurückzugreifen.

Die hierbei getroffenen Maßnahmen sind bindend und können nur in der Folge von dem dann zu konstituierenden Schiedsgericht aufgehoben werden. Mehr Informationen

Schiedsspruch

Wie viel Zeit verstreicht bis zum Schiedsspruch?

Schiedsgerichtsverfahren benötigen in der Regel weniger Zeit als nationale Gerichte, um zu einer finalen Entscheidung zu kommen. Das Sekretariat des Internationalen Schiedsgerichtshof der ICC überwacht die Einhaltung von Fristen, begleitet die einzelnen Verfahrensschritte und führt einen eigenen Verfahrenskalender (Artikel 24 der Schiedsgerichtsordnung).

Sind die Parteien verpflichtet, einen Schiedsspruch zu akzeptieren?

Jeder Schiedsspruch ist für die Parteien verbindlich. Jede Partei, die die Schiedsgerichtsbarkeit gemäß der ICC-Schiedsgerichtsordnung in Anspruch nimmt, verpflichtet sich damit, den Schiedsspruch unverzüglich zu erfüllen und auf alle Rechtsmittel – soweit rechtlich zulässig – zu verzichten.

Wo kann ich nach bereits erfolgten Schiedssprüchen recherchieren?

Die Schiedssprüche werden – wenn die Parteien zustimmen – in verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht. Zudem bietet der Internationale Schiedsgerichtshof der ICC eine Online-Datenbank an.

Sind die Kosten für Schiedsverfahren festgelegt?

Schiedsverfahren selbst sind relativ kostengünstig. Die Kosten richten sich nach der Höhe des Streitwertes und der Anzahl der Schiedsrichter. Die große Unbekannte in Schiedsverfahren sind die Rechtsanwaltskosten, die in vielen Fällen ein Vielfaches der Kosten des Schiedsverfahrens ausmachen. Allerdings gilt dies auch für Fälle vor ordentlichen Gerichten, da dort wegen des Instanzenzuges die Dauer des Verfahrens unkalkulierbar ist und so zusätzliche Kosten für die Rechtsberatung anfallen können.

Einen ersten Überblick über die Verfahrenskosten ermöglicht der Kostenkalkulator des Internationalen Schiedsgerichtshofes der ICC. Bitte beachten Sie zum Thema Kosten die Artikel 36, 37 sowie die Kostentabelle im Anhang der ICC-Schiedsgerichtsordnung.

Hilfreich ist auch die kostenlose Publikation „Controlling Time and Cost in Arbitration“. Sie gibt Praktikern aus Unternehmen und Kanzleien eine erste Hilfestellung, wie sich bei Schiedsverfahren Zeit und Kosten sparen lassen. Über 120 renommierte Juristen aus 31 Ländern haben daran mitgearbeitet.