Inhalt
- Welche Rolle spielen die Incoterms® in Ihrer Arbeit, und welche Erfahrungen haben Sie in den letzten fünf Jahren gemacht?
- Haben sich die Incoterms® 2020 in Zeiten von Pandemie, gestörten Lieferketten, Inflation und internationalen Konflikten als Standard für Lieferbedingungen bewährt?
- Zeigen sich durch die Incoterms® 2030 bereits neue Trends oder Herausforderungen? Wo besteht Anpassungsbedarf?
Welche Rolle spielen die Incoterms® in Ihrer täglichen Arbeit? Welche Erfahrungen haben Sie in den letzten fünf Jahren mit der Anwendung der Regeln in Bezug auf Klarheit, Praktikabilität und Effektivität gemacht? Auf welche Herausforderungen sind Sie dabei vielleicht gestoßen?
„Als Berater für Transport-& Außenwirtschaftsfragen und ICC-zertifizierter Incoterms®2020 Trainer, habe ich täglich mit den Incoterms®-Klauseln zu tun. In der Praxis stellt sich sehr oft heraus, dass eine große Unsicherheit in der Verwendung einzelner Klauseln besteht. Daher werden Klauseln, die möglicherweise gar nicht so gut geeignet sind, dennoch verwendet, weil es schon immer so gemacht wurde.
In den meisten Fällen haben die Incoterms bei Verkäufern und Käufern eine sehr große Bedeutung. Der Kosten- und Gefahrenübergang ist bei jedem Kaufgeschäft in der Betrachtung.
Leider herrscht keine große Klarheit in Bezug auf Incoterms® in Verbindung mit Rechnungsstellung etc. Auch wenn die Incoterms®-Klauseln dafür gar nicht vorgesehen sind, werden diese von den Finanzabteilungen zur Bewertung genutzt. Das beeinflusst maßgeblich die Auswahl einer Klausel.“
Die Incoterms® 2020 sind in einer Zeit in Kraft getreten, in der internationaler Handel bereits durch Pandemie und gestörte Lieferketten unter Druck stand. Hinzukamen steigende Kosten/ Inflation und zunehmende internationale Konflikte. Hat sich in dieser Zeit die Standardisierung der Lieferbedingungen mit Hilfe der Incoterms® bewährt?
„Standardisierte Klauseln wie die Incoterms® sind in Zeiten gestörter Lieferketten ein gutes Mittel um Klarheit zwischen Verkäufer und Käufer zu schaffen. Allerdings ist festzustellen, dass es Importeure gibt, die das Risiko schwankender Transportkosten (z.B. die Verzehnfachung von Seefrachtkosten aus Asien nach Europa in Pandemiezeiten)versuchen auf den Verkäufer abzuwälzen, in dem die Incoterms®-Klauseln von FCA/FOB auf CFR/CPT/DAP umgestellt wurden. Grundsätzlich sind die Incoterms®-Klauseln aber gerade in unruhigen und gestörten Lieferketten ein „Fels in der Brandung.“
Ein Blick auf die Incoterms® 2030: Lassen sich aus der praktischen Anwendung schon jetzt neue Trends, Handelspraktiken oder auch Herausforderungen ableiten? Wenn ja, welche? Wo muss gegebenenfalls nachgeschärft werden?
„1. Thema „All Risk-Versicherung“ nach ICC (Institute Cargo Clause) auch für CIF. Hier besteht in der Verladerschaft eine große Verunsicherung warum „All Risks“ nur für CIP und nicht für CIF gilt.
2. Regelungen für die Klausel FOB: Es wird eindeutig seitens der ICC empfohlen die Klausel FOB nicht für Containerlieferungen zu nutzen. In der Praxis sieht es allerdings so aus, dass die Vielzahl der Containerlieferungen mit den Klauseln FOB / CFR / CIF abgewickelt werden. Die Problematik des Gefahrenüberganges ist vielen überhaupt nicht bewusst oder wir einfach ignoriert, weil FOB seit ewiger Zeit die Praxis ist. Die gelebte Praxis wird sicher nicht geändert also gilt im Umkehrschluss: Änderung der Bedingungen bei FOB.
Beispielhafte Änderung: Durch den Gefahrenübergang mit „abgesetzt im Schiff“ ist in keiner Form eine Beweislast gegeben, dass die Ware zu dem Zeitpunkt im Container noch in einem einwandfreiem Zustand gewesen ist Eine mögliche Lösung wäre hier den Gefahrenübergang vorzuziehen, z.B. an die Stelle gemäß FCA.
3. Aufnahme des Unterpunktes Zahlungsmodalitäten in jede einzelne Incoterms®-Klausel, damit Klarheit besteht zu diesem Thema. Die Finanzabteilungen in Unternehmen empfehlen den Einsatz von EXW zur Bilanzierung und Rechnungsstellung. Dies kann nicht das Ziel der Incoterms® sein. „.