Compliance-Programme

Compliance-Programme sollen die Gefahr potentieller Kartellrechtsverstöße vermindern bzw. Verstöße erkennen und aufdecken. Diese Entwicklung betrifft verschiedenste Gebiete wie Korruptionsbekämpfung, Umweltschutz, gesundheits- und arbeitsrechtliche Regelungen, Datenschutz und nicht zuletzt das Wettbewerbsrecht. Um Kartellrechtsverstöße zu verhindern, unterstützt die ICC mit ihren Toolkits Unternehmen dabei, auf ihre spezifischen Unternehmensbelange ausgerichtete Compliance-Systeme aufzubauen bzw. bereits vorhandene Systeme noch wirksamer zu gestalten. Die Kartellrechts-Toolkits ergänzen die bestehenden Instrumente und Empfehlungen der ICC, die sich anderen Compliance-Aspekten widmen. Beispielhaft sei der Bereich der Korruptionsbekämpfung genannt, in dem sich die ICC seit über 30 Jahren erfolgreich engagiert.

Von der Wirtschaft für die Wirtschaft

Ein besonderes Kennzeichen der ICC-Toolkits ist, dass sie von Unternehmen für Unternehmen entworfen wurden. Sie bestehen aus Beiträgen anerkannter Kartellrechts-Spezialisten weltweit tätiger Unternehmen und bündeln deren Erfahrung und Knowhow. Ihre praktischen Tipps sind so gestaltet, dass Unternehmen sie in jedem Land unabhängig von der jeweiligen Rechtsprechung und dem geltenden Kartellrecht anwenden können. Die Toolkits entstanden in der Wettbewerbskommission der ICC, insbesondere „Task Force on Compliance & Advocacy“ dieser Kommission.

Auch die deutsche Übersetzung des „ICC Toolkit zur kartellrechtlichen Compliance“ ist das Ergebnis einer genauso umfassenden wie fachkundigen Unterstützung seitens verschiedener ICC-Mitglieder. Die Idee für dieses Toolkit geht auf entsprechende Anregungen der Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Union, des Office of Fair Trading of the United Kingdom und anderer Kartellämter zurück.

ICC Leniency Manual (2016)

Wettbewerbsbehörden führen den Kampf gegen Kartelle mit hohen Geldstrafen bis hin zur strafrechtlichen Verfolgung und Inhaftierung. Einige Länder haben sich für Kronzeugenprogramme entschieden, in denen sie Unternehmen, die in ein Kartell verwickelt waren, die Strafe teilweise oder sogar vollends erlassen, vorausgesetzt, die beteiligten Unternehmen kooperieren mit den Behörden.

Das von der Internationalen Handelskammer (ICC) 2016 veröffentlichte ICC Leniency Manual bietet Unternehmen eine wertvolle Hilfestellung zur Erleichterung der Kronzeugenantragstellung in vielen Ländern. Die Kronzeugenregelungen sind sehr wichtig für die Förderung der Wettbewerbs-Compliance: „Kronzeugenprogramme sind der einzig legale Weg für Unternehmen, Strafminderung bei einer Kartellstrafe zu erhalten. Da es kein weltweit einheitliches Kronzeugensystem gibt, werden Anträge, die in mehreren Ländern gestellt wurden, separat und unabhängig voneinander geprüft,“ so Marcin Trepka, Co-Vorsitzender der ICC Task Force zu Kartellen und Kronzeugenregelungen.

Jedoch ist die Rechtsgrundlage von Land zu Land unterschiedlich, was dazu führt, dass Unternehmen, die in einem Land Immunität oder Strafnachlass erhalten haben, in einem anderen Land weiterhin sanktioniert werden können. Die ICC-Wettbewerbskommission klärt mit ihrem Handbuch auf und erläutert die Verfahren der einzelnen Kronzeugenregelungen in 19 Ländern sowie der EU. Das Handbuch führt durch den gesamten Prozess einer Antragstellung, vom ersten Kontakt mit der Wettbewerbsbehörde bis hin zur Entscheidung. Neben einer kurzen Einführung der Begriffe (z.B. Cartels, Leniency, Marker) gibt das Handbuch einen Überblick und praktische Tipps, „Fast Facts“ sowie detaillierte Hintergrundinformationen zur Kronzeugenantragstellung.

Vorgestellt wurde das ICC-Handbuch während des 8. ICC Competition Roundtable im April 2016 in Singapur, bei dem sich Unternehmen und Kartellrechtsexperten über aktuelle Entwicklungen der Kartellrechtsthematik regelmäßig austauschen. Der Runde Tisch tagte am Rande der Jahreskonferenz des Internationalen Wettbewerbsnetzwerks (ICN).

Das Handbuch kann kostenlos abgerufen werden.

ICC Toolkit zur Kartellrechtlichen-Compliance (2013/2014)

2013 veröffentlichte die Internationale Handelskammer (ICC) das ICC Antitrust Compliance Toolkit. Das Toolkit unterstützt Unternehmen bei der Implementierung und Weiterentwicklung kartellrechtlicher Compliance-Programme. ICC Germany stellt eine deutsche Fassung bereit, um dem Toolkit im deutschsprachigen Raum zur Anwendung zu verhelfen und so zu einer Verbreitung hoher Compliance-Standards im Kartellrecht beizutragen. Neben der englischen und deutschen Sprachfassung stehen Interessierten auch weitere Sprachversionen wie Französisch und Russisch kostenlos zur Verfügung.

Das Toolkit kombiniert Vorschläge für unternehmensinterne Richtlinien mit konkreten Ratschlägen sowie „best practice“-Beispielen. So gibt das Toolkit Hinweise:

  • zur Sicherstellung und Aufrechterhaltung der Einbindung der Führungsebene
  • zur regelmäßigen Berichterstattung an diese sowie zur Bereitstellung angemessener Mittel
  • zur Identifikation und Bewertung von Risiken
  • zu kartellrechtlichen Schulungen und zur Motivation von Mitarbeitern
  • zum Thema Whistleblowing und zur Förderung einer offenen Kommunikationskultur
  • zu Formen interner, eigener Untersuchungen bei Verdachtsfällen
  • zum Verhalten im Falle von Ermittlungen durch Kartellbehörden
  • zur Due Diligence bei der Einstellung neuer Mitarbeiter, beim Umgang mit Wirtschaftsverbänden und bei Unternehmenskäufen
  • zur Zertifizierung von Kartellrechts-Compliance
  • zu Compliance-Anreizen und deren Varianten
  • zu Aspekten der Überwachung und der kontinuierlichen Verbesserung

Dabei sind die Elemente des Toolkits nicht als umfassende oder bindende Aufzählung dessen zu verstehen, was ein kartellrechtliches Compliance-Programm leisten muss. Vielmehr möchten sie allgemein bewährte Praktiken widerspiegeln.

ICC SME Antitrust Compliance Toolkit (2015)

Kartellrechtliche Compliance ist für alle Unternehmen – große wie kleine – von zentraler Bedeutung. Deswegen richtet sich das Toolkit an Unternehmen aller Größenordnungen, insbesondere jedoch auch an kleinere und mittlere Unternehmen (KMU). Es berücksichtigt dabei deren besondere Herausforderungen wie eingeschränkte personelle und finanzielle Ressourcen und gibt praktische Tipps, wie KMU konkret kartellrechtliche Compliance-Maßnahmen in ihren Organisationen initiieren oder ausbauen können.

Das speziell auf KMU zugeschnittene „ICC SME Toolkit“ basiert auf dem „ICC Toolkit zur kartellrechtlichen Compliance“, präsentiert sich aber deutlich kompakter. Durch seine benutzerfreundliche und anschauliche Aufbereitung soll es kleinen und mittleren Unternehmen die Umsetzung von Compliance-Maßnahmen erleichtern und ihnen einen praktischen und übersichtlichen Leitfaden an die Hand geben.

Das Toolkit beschreibt die drei bedeutendsten wettbewerbsrechtlichen Risikobereiche aus Sicht von KMU. So wird beispielsweise auf Kartellrechtsverstöße durch Preisabsprachen oder sonstige wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen und den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung hingewiesen. In fünf einfachen Schritten wird der Weg zum Compliance-Programm beschrieben. Zudem enthält das Toolkit eine praktische Checkliste zur Identifizierung wettbewerbsrechtlicher Compliance-Risiken sowie Informationen zu deren Reduzierung mittels einer „ICC Top Ten“-Liste.

Mit der Darstellung der „Basic Dos and Don‘ts“ wird exemplarisch gezeigt, wie Unternehmen ihre eigenen Kontrollregeln selbst entwerfen können. Ziel ist es, den KMU die Bedeutung und die Vorteile kartellrechtlicher Compliance aufzuzeigen und ihnen bei der Regeleinhaltung auf freiwilliger Basis durch einen praxisnahen Leitfaden zur Seite zu stehen. Grundsätzlich gilt: Jedes Compliance-Programm muss entsprechend den spezifischen kartellrechtlichen Risiken des jeweiligen Unternehmens ausgestaltet werden, einen „one size fits all“-Ansatz gibt es nicht.

Das ICC Toolkit zur kartellrechtlichen Compliance sowie das ICC SME Toolkit können kostenlos online abgerufen werden.