Im Jahr 1998 einigten sich die WTO Mitglieder darauf, für zwei Jahre keine Zölle auf elektronische Übermittlungen über Ländergrenzen hinweg (WTO-Moratorium on customs duties on electronic transmissions) zu erheben. Darunter fallen digitale Güter wie Filme, Musik, elektronische Bücher, aber auch Cloud-Dienste wie Software-as-a-Service, Online-Gaming etc.
Diese Vereinbarung wurde regelmäßig verlängert, stand aber in diesem Jahr zur Disposition. Länder wie Indien, Indonesien oder Südafrika überlegten im Vorfeld, einer erneuten Verlängerung nicht zuzustimmen. Das European Centre for International Political Economy (ECIPE) kommt in einer aktuellen Studie zum Schluss, dass die in Folge von Digitalzöllen eintretenden Kosten durch den Rückgang der Wirtschaftsleistung deutlich höher wären, als der durch die zusätzlichen Zolleinnahmen erzielte Nutzen.
„Wir begrüßen den pragmatischen Ansatz der Mitgliedstaaten, das Moratorium bis zur nächsten Ministerkonferenz der WTO im Juni 2020 zu verlängern. Dies ist ein wichtiges Signal für die Weltwirtschaft in Zeiten zunehmender protektionistischer Tendenzen. Die ICC spricht aktuell mit Regierungen in den relevanten Schwellenländern, um sie davon zu überzeugen, dass der Handel mit digitalen Gütern zusätzliche Möglichkeiten gerade auch für die Schwellenländer schafft. Ziel muss es sein, das Moratorium dauerhaft zu verlängern“, sagt Oliver Wieck, Generalsekretär von ICC Germany.
WTO-Abkommen zu E-Commerce wird aktuell verhandelt
Im Rahmen der plurilateralen Verhandlungen bei der WTO für ein Rahmenabkommen zum digitalen Handel hat sich die ICC für ein dauerhaftes Verbot von Zöllen auf elektronische Übertragungen stark gemacht. ICC-Generalsekretär John Denton traf sich mit dem indischen Wirtschaftsminister Goyal und betonte u.a. auf dem Internet Governance Forum im November in Berlin die Notwendigkeit einer Verlängerung des Moratoriums.
Ziel der plurilateralen Verhandlungen zum digitalen Handel ist es, einen globalen Rahmen zu schaffen, der insbesondere mittleren und kleinen Unternehmen den Zugang zu den globalen Märkten erleichtert und neue Möglichkeiten für ein inklusives und nachhaltiges Wachstum schafft. Mittlerweile nehmen 78 Länder an den Verhandlungen teil, darunter EU, USA und China, die zusammen rund 90 Prozent des Welthandels abdecken. Die ICC begleitet die Verhandlungen mit eigenen Vorschlägen und Veranstaltungen.
WTO-Streitschlichter-Gremium und Reform der WTO
Aufgrund der Weigerung der US-Regierung, der Ernennung neuer Richter zuzustimmen, schieden am 10. Dezember 2019 zwei von drei übrig gebliebenen Richtern ohne eine Nachfolgeregelung aus der WTO-Berufungsinstanz aus. Die WTO-Streitbeilegung ist damit faktisch nicht mehr arbeitsfähig. „Gerade für die exportorientierte deutsche Wirtschaft ist eine verlässliche Regeldurchsetzung auf multilateraler Ebene von hoher Priorität.“, sagt Oliver Wieck, Generalsekretär ICC Germany.
Tatsache ist aber auch, dass die WTO besser auf die künftigen Herausforderungen im globalen Handel vorbereitet werden muss. Die ICC hat anlässlich des WTO Public Forum im Oktober 2019 Reformvorschläge vorgestellt und konkrete Empfehlungen zum Ausbau des Stakeholder-Dialogs, der Überarbeitung der aktuellen WTO-Regeln, einer effizienten Verhandlung neuer Regeln und zum Aufbau eines robusten WTO-Streitbeilegungssystems gemacht.
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Birte.Grages@iccgermany.de